Interview mit Mathias Stalder, Koordinator Stadt Ernähren und Foodcoop Biel-Bienne, im Rahmen der Ausstellung BRENNpunkt Landwirtschaft
Warum hast du diesen Weg eingeschlagen?
Ich beschäftige mich seit einiger Zeit mit verschiedenen Ansätzen der sozialen und ökologischen Transformation. In der Ernährungs- und Landwirtschaftspolitik hat sich weltweit ein System der Monokulturen durchgesetzt, welches unsere Existenz bedroht. Die industrielle Landwirtschaft greift unsere Lebensgrundlage an – unser täglich Brot. Das hat gravierende Folgen für Klima, Umwelt, Mensch und Tier. Mächtige Institutionen wie die World Trade Organisation, die Weltbank und der Internationale Währungsfonds setzen diese Politik zum Leidwesen der bäuerlichen Landwirtschaft durch. Ein «Weiter wie bisher» ist keine Option, das hat der renommierte Weltagrarbericht (2008) festgestellt, denn es ist die kleinbäuerliche Landwirtschaft, die die Welt ernährt.
Mit welchen Herausforderungen siehst du dich konfrontiert?
Die Politik wird von mächtigen Lobbys beeinflusst. So sind globale Freihandelsabkommen wichtige Treiber dieser desaströsen industriellen Landwirtschaft. Ein weiterer Player ist die Agrochemie mit dem Milliardengeschäft durch Saatgut, Düngemittel und Pestiziden. Die Pestizidabstimmungen haben es deutlich gezeigt, die Bereitschaft zu einer dringenden ökologischen Wende scheitert auch hier an den finanziellen Interessen dieser mächtigen Lobby.
Welche positiven Veränderungen wünschst du dir?
Global gibt es eine wachsende Bewegung von neuen Formen der Landwirtschaft, Verarbeitung und Distribution. Städte entwickeln nachhaltige Ernährungsstrategien, Foodsave- und Saatgut-Initiativen, Gemeinschaftsgärten, Foodcoops und Solidarische Landwirtschaften sind Werkzeuge dazu und fördern die Demokratisierung des Ernährungssystems. Wir können im Kleinen sehr wohl viel verändern und somit auch grosse Veränderungen anstossen, hin zu einem zukunftsfähigen Ernährungssystem und Klimagerechtigkeit. Die weltweite Bewegung für Ernährungssouveränität «La Via Campesina» bildet eine verbindende Kraft, welche die obengenannten Institutionen und Freihandelsabkommen bekämpfen kann, damit eine bäuerliche und vielfältige Landwirtschaft erhalten bleibt – hier und weltweit.